21. März 2021 17:34
Servus,

den vergangenen Herbst fielen wie so oft mir alte Dias in die Hände. Ach du Scheißerla!, dacht ich mir noch. Wann war das? 10.April 1988!
Leit und Kinna (fränk.: Leute und Kinder), wie die Zeit vergeht!

Irgendwie war es so, das gegen Ende der 80er Jahre der Zustand für Pendler aus der Region Nordostbayern in Richtung Frankenmetropole als unbefriedigend galt. Silberlinge und 218er,
vielleicht auch Bm-Wagen in den Relationen Bayreuth – Nürnberg, weniger von Hof weg. Durchaus Schnellzüge, aber alles ohne Takt. Ein Minister Warnke machte sich wohl stark.
Und in Italien tat sich FIAT technisch mit seinen ETR450 so langsam hervor.
Gestandene Eisenbahner der DB belächelten dies eher, das man südlich der Alpen mit solch Technik könne. Und Überraschung: eine DB und ein Ministerium brachten es zu
Präsentationsfahrten auf angedachten Strecken mit solcher noch in Deutschland zu entwickelnder Technik.

Nun ist es fraglich mit dem Datum der Bilder. War es am 10.04. (So) und 11.04.1988 (Mo) oder doch am 09.04.1988 mit Samstag und eben Sonntag folgend?
Mit Tamtam angekündigt durch die örtliche Presse FRANKENPOST war in Hof Hbf entsprechend Auftrieb.


Da stand sie nun, dieses von manch Eisenbahnern als „Spagetti-Schaukel“ bezeichnete Gefährt der Italiener. Ein ETR450. Welche fortlaufende Nummer der hatte?
Damals bemerkte ich nicht die klein in gelber Farbe gehaltene Nummer am Längsträger im hellgrauen Bereich. Recherche tut Not.


So etwas sollte also in einer nahen fränkischen Zukunft kommen. Oder zumindest Technik daraus. Es wirkte damals so wie heute: nach Plastik! Man machte sich zuerst Gedanken,
wenn das Ding in einem gescheiten Nordost-oberfränkischen Winter fahren sollte. Und wie niedrig dieser Triebwagen gebaut war. Irgendwo innen eng, allgemein leicht, und damit billig.
Die Zwänge der Technik gab aber nur das heraus.


Freilich schritt man den Zug ab. Beobachtete jedes Detail.


218 453 und ich glaube 218 199 wars, hatten die Ehre diese Fuhre zu befeuern. Dahinter unverkennbar 120 005! Die mit dem Knick an den Führerständen im roten umlaufenden Bereich der Bauchbinde.
Hinzu ein italienischer Meßwagen und einer von der BZA. Fast alles an interessierten Bürgern war am Bahnsteig 1, nur wenige Fans hielten sich auf Gleis 4 auf.

Nachdem das notwendige an Dias erledigt war, sollte es Streckenbilder geben. Zu überlegen gab es nicht viel, denn durch Streckenkunde als Fahrgast war mir längst klar,
entweder hinter Marktleuthen oder kurz vor Marktredwitz. Der Fattigauer Damm wäre auch drin gewesen. Drei Stellen also wo man den Zug bitteschön komplett drauf bringen sollte.


Also stand man mit einem damaligen Arbeitskollegen im Bereich der Ortschaft „Daala“, eben als Oberthölau bekannt. Der Zug nähert sich von Wunsiedel-Holenbrunn und…

…donnert über den Röslau-Viadukt.
Bis wohin die Fahrt an dem Tag ging, weiß ich nicht mehr. Ich nehme an es war Nürnberg Hbf. Aber der Zug sollte in Hof übernachten, also mußte er wieder kommen.


Bei dieser Tür mußte ich fast lachen! Und das Ding für einen schnell fahrenden Triebwagen. Natürlich war Auflauf von Betriebseisenbahnern, und von fast keinem kam ein allzu gescheiter Kommentar.


Durch Vaddern kam ich ins Bw. Der Triebwagen durfte die Nacht über unter Dach auf 358 im Haus stehen, der Rest verblieb gekuppelt am Zug und stand von der Halle südlich hinaus.
Stolz war ich das in „meinem“ Bw eine Ellok zu Gast war, noch dazu eine der fünf Drehstromer.


Irgendwo hatte dieser Triebwagen etwas futuristisches aus Filmen wie „Fantomas“ oder gar den Filmen der Ära „Buck Rogers“.


Das also sollte nordostbayerns Zukunft werden! Was hatte man damals an Triebwagen hier? Uerdinger und VT614. Wo anders 624/634. 427 und 432 kannte ich noch aus den wenigen Jahren zuvor.
Und jene „heiligen ET420“ bei den diversen S-Bahnen im Lande. Hof wurde ab 1993 vom VT628 befallen. Unklar war wie diesen ETR450 rangieren? Mußte jedes Mal eine Klappe geöffnet und eine
Schaku von Hand angebaut werden? Sind Puffer an dem Ding?
Die Zeit lehrte einem, besonders letzte Jahre, dass man im Stande ist, optisch gar noch seltsamere Beförderungsgefäße auf Schienen zu stellen.
Das Zeitalter der Plastik-Fahrzeuge begann für mich hier an diesem Ort.


Zum Sonntag (oder doch Montag?) gab es eine neuerliche Testfahrt oder die Rückfahrt nach Nürnberg. Marktleuthen erschien mir dazu gerade passend.
Ich hatte nicht die Ahnung damals, das ich fünf Jahre später hier Fuß fassen sollte, postierte ich mich auf Höhe Ortsteil Habnith.
Heute ist der Kornberg-Blick dort vom Acker längst ganzen Legionen von Fans der Ludmillas 232/233 bekannt.


Da zog er dahin auf die Neudeser Gerade und nach Röslau, und die 18er orgelten tüchtig in die erwachende Frühlingslandschaft, wo zu jener Zeit die Felder vom Lied der Feldlerchen angefüllt waren.

Zeit ging ins Land, und eine DB und deutsche Firmen entwickelten unter Verwendung von Drehgestellen mit aktiver Neigetechnik der Firma FIAT Ferroviaria einen Triebwagen.

Auch damit gab es Probefahrten im zukünftigen Einsatzgebiet.


Derlei konnte ich am 12. Dezember 1991 erneut in Hof Hbf beobachten. 218 388 hatte die Aufgabe für Fahrrichtung Süden. Der Auflauf an Bürgern, vielleicht auch –innen oder *, hielt sich gering.


Für den Nachmittag konnte Freund MLB von der Beamtenfachhochschule noch rechtzeitig dazu geholt werden. Für ihn aus der Traunsteiner Ecke wars natürlich eine Abwechslung.
Nordwärts auf Hof hinzu hatte 240 003 die Aufgabe als Zuglok.

So war hier in Hof Hbf also die Zukunft einer moderner werdenden DB auf Gleis 2 zu beobachten. Ein dann in Optik wesentlich gefälligerer Triebwagen gegenüber eines ETR450.
Die bullernde 240 sollte den Weg für den Güterverkehr und sicher noch für den schweren Reisezugverkehr zeigen, doch löste wohl deren sechsachsiger Bau wenig Gefallen in DB-Vorstandsetagen aus.
Und an allem dran zeitgenössische Farben. Der Reihe 240 ging unlängst auf dem Schrott die Luft aus.
Und 610er sind heute nahezu auch verschwunden. Ein Erfolg waren sie! Millionen von Kilometern spulten sie ohne großes Geschrei ab.
Mal abgesehen vom damals aufgetretenen Problem an den Schlingerdämpfern im Jahr 2000. Nach erfolgter Sanierung rannten sie unverdrossen weiter.

Da es gerade mit Zeit und Lust am Scanner passte, hier ein paar Stammmotive aus meinem Revier angefügt. Aus hoher Zeit, der mittlerweile als „Neitec“ zu benennenden Züge.
Der Name „Pendolino“ war wohl rechtlich den FIAT-Fahrzeugen zuteil. Doch allgemein blieb es bei den Personalen und Stammfahrgästen in der befahrenen Region mit einem kurzen „Pendo“.


610 007/507 als 3585 saust mit Karacho durch Holenbrunn gen Hof. 13. August 1998


An der Kreisstraßen-Überführung Marktleuthen – Selb am Ortsteil Großwendern, ist beim Gespann 610 508/505 als 3568, deutlich das auspendeln des Wagenkastens gegenüber der Gleislage sichtbar.


Nur wenige Meter weiter, die „Großwenderner Kurve“ durchfahrend der 3580 mit den Fahrzeugen 610 511/002 am 10. April 1998.
Also auf den Tag genau 10 Jahre nach Probefahrten mit dem italienischen ETR450!
Wohl trug der Großteil der 610er Reklame an Seitenwänden. Jägermeister und GRUNDIG sollten damit in hintersten Winkeln der Fichtelgebirgsdörfer bekannt gemacht werden.


Auch das „Schnepfenmühler“ Signal darf bei mir mit dem 610 nicht fehlen. Sonnig-warmer 20. Juli 1998 im Oberen Lamitztal bei Kirchenlamitz Ost.


Vom Hofer Affenfelsen ein Bild: 610 018+009 am Gleis 2 Nord. Nach Bad Steben im Einsatz ein ebenso in klo-grün gehaltener 628. So gesehen am 12. März 1997

Auch im Vogtland war der 610 kurz zu bewundern. Gab es überhaupt weitere Fahrten bzw. Tage mit diesem in jene Region?

Am 8. Dezember 2003 war irgendwas. Waren Albino-612 ausgefallen? Der Schrott VT605 sollte da bereits gestanden haben.
Es finden sich auf der Relation Hof – Plauen keine weiteren Notizbucheinträge. Also kurzfristige Einmal-Einsätze?


Ob die hier in Gutenfürst nach Hof fahrenden Einheiten 009/509 + 016/516 als Zugnummer den ICE 1568 hatten oder doch eine Ersatznummer, kann ich nicht in Erfahrung bringen.

Wer weiß näheres dazu? Von wo bis wo fuhr man? Hof – Reichenbach, oder gar Nürnberg – Dresden?


Zum ICE 1661 war in Grobau an diesem Nachmittag erheblicher Fotografenauflauf. Wenn ein Dutzend Fans reichte? Hinter dem nach Plauen/V rauschenden 610 tut sich der weite Graben der Weißen Elster auf.


Letzte Sonnenstrahlen an einem mit glasklarer Winterluft gefüllten 8. Dezember 2003 in der Region Vogtland.


Weit nach einem Jahrtausend-Wechsel drang ich wieder mal in die Oberpfalz ein. Am Langentheilen-Tunnel (761 m), Westseite, wartete auch auf Züge mit 232 561, 233 462, 232 598, 234 278 und 233 458.
Passend in dem Zeitfenster kam der 30678 mit 610 010 angerauscht. Da war Konzentration verlangt, weil recht viel Krach im Tunnel fabrizierte der Triebwagen nicht, und Puff kam er aus dem Loch geschossen.


Auch zum westlichen Tunnelportal mühte ich mich weit in eine Oberpfalz hinein. Aus dem Katzenbühltunnel (471 m) kommt das Geschoß 610 002 heraus.
Der Zug war Beifang, ich war für den 2064 hier her gekommen, der mit den drei ! 218 445+292+459 bespannt war.

In meinem recht klar umrissenen Revier gehörte für mich die Dokumentation eines jeden Bahnhofes und Haltepunktes mit einem Reisezug dazu.
Den Tschechen fiel es ein in eben jenem Gebiet Haltepunkte neu zu errichten bzw. zu reaktivieren. Was blieb mir also übrig, nur mit dem 610 zur Dokumentation zu schreiten?
Mit Triebtätern einer VogtlandBahn konnte ich nie.


Cheb-Skalka am 30. März 2008. Verkehrsrot und das ist historisch? Fast 13 Jahre sind das schon wieder! Der 5287 fährt nach Cheb.
An dieser Stelle gab es ab 1995 von mir genug Bilder mit dem von Arzberg zurück fahrenden Kohleleerzug 49117 mit 781 462 oder 592. Ebenso gelang manch Eurocity.
Skalka war ein Neubau, ich meine eine damalige länderübergreifende Landesgartenschau war der Auslöser.


Pomezi nad Ohri / Mühlbach/Eger könnte eher als Reaktivierung gesehen werden. Wieder ist es der 5287, diesmal mit 610 516/016 am 28. September 2008.
Und es war dies meine letzte Aufnahme auf einen VT610 auf Strecke.
Es folgten hie und da noch Porträts auf Diafilm, die als Tauschmaterial dienten, oder bei mir regelrecht von Sammlern bestellt waren.
Das letzte Bild überhaupt dieser Art entstand mit VT610 014 in Marktredwitz am 3. Juni 2009. Die ersten Einsatzjahres dieser Triebwagengattung fotografierte ich überhaupt nicht.
Zu viel los mit anderem. Mit der Zeit ab 1996 hatte er doch eine gewisse Spur in meinen Diakisten hinterlassen.


Was war da noch?
Dank des Bildes von Freund MEH kann ich den farblichen Einzelgänger mit zeigen. Arriva wollte mit den freien 610 ins Böhmengeschäft einsteigen. Hof hätte evtl. die Betreuung übernehmen sollen.
Doch gelandet ist Arriva mit dem Ding nicht in der Prager Region. Dafür schlug man später mit 628 in wahren Massen zu, und ist heute eine ernste Konkurrenz für Ceske Drahy geworden.
Hier ist 610 018 am 24. Oktober 2013 in Hof Hbf zu sehen. HiFo-gerecht ist das Bild nicht, aber in der Sache des Beitrages zu den 610 sollte es dennoch besehen werden.
Der Einsatz im Prager Raum wollte meinerseits dokumentiert werden, doch hielt einen Oberschlesien eisern fest.

Diesen 610 018 sah ich eine Zeit später entklebt im Güterbahnhof Lovosice unweit des Zollterminals stehen. Leider stand er äußerst ungünstig.

Die zwei Triebwagen 610 011 und 012 wären wohl durch die DB erhalten. Von einem Konzept ist nichts zu sehen.
Der Rest ging wohl bei Theo in Ehrang unter Zuhilfenahme von FUCHS-Baggern längst in Blechschnipsel auf.

Ich bin gern mit den 610 zwischen Hof bzw. Marktredwitz und Nürnberg gefahren. Unvergessen sind manch sommerliche Heimfahrten mit dem letzten Zug aus Nürnberg.
Wenn dann wenige Reisende im Großraumabteil und einige Kippfenster geöffnet waren, merkte man schon wie flott der Zug durchs Pegnitztal sein Rennen lieferte.
Ein reiner Pendlerzug, nicht der für mit großen Koffern reisende Fahrgäste, um aus dem Hinterland zum großen Fernverkehrsknoten in Nürnberg zu kommen.

Gruß,
malo
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Spagetti-Schaukel und Pendo

malo 1969 21. März 2021 17:34

610 im IC-Verkehr

Schwandorfer 793 21. März 2021 18:17

Re: Spagetti-Schaukel und Pendo

JimKnopff 885 21. März 2021 19:11

Re: Spagetti-Schaukel und Pendo

bayreuth 660 23. März 2021 08:02

Re: Spagetti-Schaukel und Pendo

Bahnwärter1848 643 23. März 2021 20:51

Re: Spagetti-Schaukel und Pendo

MUEB_ERL 617 24. März 2021 06:27

Re: Spagetti-Schaukel und Pendo

apfelpfeil 489 12. April 2021 14:05

Re: Spagetti-Schaukel und Pendo

Der Stebener 576 29. März 2021 01:44



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