Hallo Sengenthaler,

Ich würde gerne auch mehr Güter auf der Schiene sehen, aber ganz ehrlich: wie realistisch ist das im Fall von Spiegelau? Welches Unternehmen gibt es im Umkreis von Spiegelau, dass ein nennenswertes eisenbahnaffines Verkehrsaufkommen hätte? Und bei dem sich ein zusätzlicher Straßen-Transport von bzw. bis zu dem Ladegleis inkl. Umladen rentieren würde? Also sowohl zeitlich als auch wirtschaftlich im Vergleich zum Straßenverkehr? Wobei man gleichzeitig die anfallende Verkehrsmenge betrachten müsste... für einzelne Wagen extra eine Lok aus Plattling (oder noch weiter her) kommen zu lassen muss sich ja lohnen. Für einen Ganzzug müsste neben dem entsprechenden Transportvolumen auch ein entsprechende langes Ladegleis inkl. Ladestraße vorhanden sein. Evtl. wären auch Lagerflächen notwendig. Das bisherige Ladegleis wäre wohl nicht dafür geeignet oder?

Und falls sich in Zukunft ein Unternehmen in der Gegend ansiedeln sollte, wäre ein Gleisanschluss bei entsprechenden Transportvolumen wohl die bessere Lösung oder? Dann spart man sich das Umladen.

Was oft im Zusammenhang mit der Diskussion über das Sterben von Gleisanschlüssen und Ladegleisen vergessen wird, ist der Güterstruktureffekt. Dieser beschreibt eine Änderung der transportierten Güter aufgrund einer Änderung der Wirtschaft. So gibt es z.B. in Deutschland immer weniger Schwerindustrie, was wiederum bedeutet dass weniger Rohstoffe (Erz, Kohle etc.) transportiert werden. Stattdessen steigt der Anteil an leichten Stückgut, z.B. durch den Onlinehandel. Und dieser Güterstruktureffekt hat maßgeblichen Einfluss auf den Schienengüterverkehr...

Beispiel in diesem Zusammenhang: In der Vergangenheit hatten viele Betriebe eine eigene Kraftzentrale, welche mit Kohle o.ä. betrieben wurde. Diese erzeugte die benötigte Energie für den Betrieb der Fabrik. Dementsprechend machten die Kohletransporte einen Großteil des Eisenbahngüterverkehrs aus. Heute verheizen ja nur noch wenige Betriebe Kohle o.ä. Stattdessen beziehen sie ihre Energie aus dem öffentlichen Stromnetz o.ä. Daraus wiederum folgte eine deutliche Abnahme des Güteraufkommens in der Fläche (und im Beispiel von Kohle eine Konzentration auf die Kraftwerksstandorte). Damit sinkt das Transportaufkommen von immer mehr Gleisanschlüsse und Ladegleise, worauf diese unrentabel wurden...

Früher erhielt ja jeder Bahnhof nur aufgrund der damals mangelnden Leistungsfähigkeit des Straßenverkehrs (Kutschen, leichte LKW, etc.) eine eigene Ladestraße. Daraus folgte für die Nahgüterzüge eine sehr lange Transportzeit, weil die ja alle Nase lang halten und zeitaufwendig rangieren mussten. Daraus folgt eine lange Wagenumlaufzeit, lange Transportdauer für den Kunden und dementsprechend hohe Kosten.

Heute haben wir aber eine gänzlich andere Situation: im Vergleich zu den den Umladezeiten spielt die Fahrzeit bei den Kurzstrecken-LKW kaum eine Rolle.
Es ist daher für die Eisenbahn und auch gesamtvolkswirtschaftlich deutlich sinnvoller den Wagenumschlag auf wenige zentrale Umschlagbahnhöfe zu konzentrieren (sog. Knotenbildung). Das setzte man z.B. schon bei der DR mit den sog. Entladeknotenpunkten um. Heute versucht sich die DB mit sog. Railports. Durch diese zentralen Umschlagbahnhöfe verkürzen sich die Wagenumlaufzeiten beträchtlich und im besten Fall kann man sogar Ganzzüge fahren.

Güterverkehr in der Fläche beudeutet daher heute nicht das jedem Bahnhof ein Ladegleis vorzuhalten ist, sondern den Umschlag an günstig gelegenen zentralen Bahnhöfen zu konzentrieren. Am Beispiel von Spiegelau wäre es evtl. sinnvoll gleich bis nach Hengersberg zu fahren und dort für den Hauptlauf mit der Bahn umzuschlagen. Damit lastet man die dortigen Kapazitäten besser aus und schneller geht es in jeden Fall, als wenn extra eine Lok nach Spiegelau kommen muss... Aber grundsätzlich hast Du natürlich Recht: für mehr Güter auf der Schiene und SGV in der Fläche braucht es natürlich geeignete Infrastrukturen

Viele Grüße,
EP3/5