Re: Beschleunigung Talent 2 ?

Hallo km103,

In ZEVrail Glasers Annalen 131 (2007) vom 9. September 2007 ist ein Artikel über den Talent 2 zu finden (Titel: "Talent 2 - fit für die Zukunft"). In diesem Artikel ist auf Seite 349 das "Zugkraft-Geschwindigkeits-Diagramm eines 4-Wagen-Zuges mit sechs angetriebenen Radsätzen" abgebildet. Sofern seitdem nichts an den Talent 2 verändert wurde, sollte dies m.E. für "unsere" Talent zutreffen.

Laut diesem Diagramm weisen die Triebwagen im Geschwindigkeitsbereich von 0 bis ca. 55 km/h eine konstante Zugkraft von ca. 190 kN auf. Woher die in Wikipedia angegebene Anfahrzugkraft von 204,8 kN kommen, ist mir nicht bekannt... Auch ist mir nicht bekannt, welche der beiden Angaben nun richtig ist. Da die Angabe von 190 kN direkt aus der Fachliteratur stammt und sie auch die restriktivere Angabe ist, gehe ich mal im folgenden von diesem Wert aus. Falls doch ein größerer Wert zutreffend ist, wären wir auf der sicheren Seite

Damit der Zug tatsächlich beschleunigen kann, müssen die Zugkräfte größer als die Widerstandskräfte (Summe der Fahrzeug- und Streckenwiderstandskräfte) sein:
Die Fahrzeugwiderstandskräfte sind mir für den Talent 2 nicht bekannt... Aber für die Baureihe 420 (die liegt m.E. gleich oder niedriger, aber in keinem Fall höher als die des Talent 2): Sie beträgen bei 0 km/h ca. 2,5 kN plus die Anfahrwiderstände ("Losbrechwiderstand") 23 kN (sehr konservativ!). Der Anfahrwiderstand wirkt aber nur die ersten paar Meter, bis die Wälzlager richtig rollen.

Der Streckenwiderstand ergibt sich maßgeblich durch die Streckensteigung und den Bogenradius. Laut Infrastrukturregister der DB (https://geovdbn.deutschebahn.com/isr) beträgt die Steigung ab ca. km 103 bis ca. km 106 zwischen 24,9 und 34,7 Promille. Beim Maixmalwert ergibt sich ein Steigungswiderstand für einen 130 t schweren Talent von rund 45 kN. Der Bogenradius beträgt an der Stelle ca. 300 m, wodurch sich für den Talent ein Bogenwiderstandskraft von ca. 3,8 kN ergibt.

Die Summe ergibt sich somit:
Fahrzeuggrundwiderstand: 2,5 kN
Anfahrwiderstand: 23,0 kN
Streckenwiderstand: 45,0 kN
Bogenwiderstand: 3,8 kN
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Summe Widerstandskräfte: 74,3 kN

Für die Beschleunigung des Zuges bleiben somit noch 190 - 74,3 kN = 115,7 kN übrig. Also m.E. mehr als genug. Selbst der Ausfall eines Triebdrehgestells, womit nur noch ca. 2/3 der Zugkraft vorhanden wäre, kann noch ausreichend beschleunigt werden...

Da ich tendenziell eher konservative Ansätze gewählt habe, sollte zum Beschleunigen des Zuges noch größere Reserven vorhanden sein.

Ich kann mich deshalb meinen "Vorschreibern" anschließen und bestätigen, dass die obige Aussage mit Vorsicht zu genießen ist...

VG,
EP3/5



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 21.02.22 23:16.