17. Oktober 2020 20:35
Von der früher durch die BEG veröffentlichten Qualitätsstatistik habe ich immer sehr wenig gehalten, enthielt sie doch fast ausschließlich Kriterien, welche für das verlässliche Erreichen des Reiseziels gar nicht relevant waren. Zusätzlich veröffentlicht die BEG jedoch erfreulicherweise seit einiger Zeit auch eine Pünktlichkeits- und Ausfallstatistik. Zwar geht diese noch zu wenig ins Detail, insbesondere was die Aufschlüsselung nach Strecken und den dort jeweils vorherrschenden Ursachen betrifft, dennoch kann man aus dem Bericht m.E. viele wichtige Erkenntnisse ziehen:

[beg.bahnland-bayern.de]

Zitat:
Der Anteil an Verspä­tungen, der auf infrastruk­tur­be­dingte Ursachen zurück­zu­führen ist, nahm gegenüber 2018 um fünf Prozent­punkte auf 37,4 Prozent zu. Somit wurden deutlich mehr als ein Drittel aller primären Verspä­tungs­minuten durch Störungen bei Infrastruk­tur­ein­rich­tungen (23,2 Prozent) beziehungsweise durch Bauarbeiten (14,2 Prozent) verursacht. Weitere gut 14 Prozent der Primär­ver­spä­tungen in Bayern entfallen auf externe Ursachen (Personen im Gleis, behördliche Anordnungen, Witterung etc.). [...] Ein Blick auf die Ausfall­ur­sachen zeigt, dass die Infrastruktur die größten Probleme bereitet: Allein der Anteil der ausgefallenen Zugkilometer aufgrund von Bauarbeiten liegt bei knapp 50 Prozent. Dazu kommen weitere 6,8 Prozent durch Störungen an der Infrastruktur. (Zitat Ende)


Die Überschrift des verlinkten BEG-Berichts „Strafe muss sein“ geht daher aus meiner Sicht etwas daneben, denn gegenüber dem bundeseigenen Infrastrukturbetreiber hat die BEG meines Wissens keine Möglichkeit, Strafen zu verhängen, obwohl das häufig besonders angebracht erscheint. Leider wird in der Pressemeldung zu dem Bericht auch nicht thematisiert, daß wieder mehr unter rollendem Rad gebaut werden müsste und daß mehr Reserven für Bauarbeiten/Störungen in den regulären Fahrplan eingearbeitet werden müssten, was für den gewünschten Taktverkehr dann wiederum gezielte Ausbauten erfordert, dort wo die Reserven heute fehlen.

Da war die BEG bezüglich der Lage bei der Infrastruktur m.E. in früheren Publikationen schon mal deutlich weiter, zum Beispiel hier:

[nobf.de]

Wichtigste Zitate daraus: „Die Zuverlässigkeit des Systems Eisen­ bahn nimmt ab, die Krisenanfälligkeit steigt. Diese Entwicklung beobachtet die BEG mit großer Sorge. [...] Fehlanreize: Nicht der Verursacher zahlt, sondern der Leidtragende [...] Das derzeitige Anreizsystem spiegelt die Verantwortung von DB Netz und DB Station&Service für die Zuverlässigkeit des Schienenverkehrs nicht angemessen wider. So müssen Eisenbahnverkehrsunternehmen Strafen zahlen, wenn ihre Züge unpünktlich sind [...] Finanziell gibt es also für DB Netz kaum einen Anreiz, vorausschauend in das Schienennetz zu investieren, damit der Betrieb möglichst stabil läuft“, so Prechtl. „Im Gegenteil: Es gibt sogar Anreize, die Infrastruk­ tur auf Verschleiß zu fahren, bis ein kompletter Ersatz nötig ist. Es ist absurd: Nicht die vorbeu­gende Instandhaltung des Schienennetzes wird in Deutschland belohnt, sondern die Ver­nachlässigung.... “ (Zitat Ende)


Gruß
223 061



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 17.10.20 20:53.
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

BEG Pünktlichkeits- und Ausfallstatistik 2019 (mL)

223 061 1160 17. Oktober 2020 20:35

Noch ein schönes Zitat ...

223 061 846 18. Oktober 2020 17:23

Danke, sehr aufschlußreich!

feezer 818 18. Oktober 2020 18:51



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