FDL91 schrieb:
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> Da braucht es keinen Vorwurf an die Firmen selbst,
> denn ich vermute mal, dass es bei sehr vielen EVUs
> so aussieht. Man bekommt einfach kein Personal
> mehr her.
Dem einen Teil der Aussage stimme ich zu. Man braucht es ja nicht mal vermuten, sondern man sieht es täglich an den vielen - mehr oder weniger offen als personalbedingt deklarierten - Zugausfällen im SPNV deutschlandweit, daß sehr viele EVU einschließlich des roten Riesen davon betroffen sind. Mit dem zweiten Teil der Aussage habe ich jedoch meine Probleme.
Wenn das Elektrohandwerk keine Elektriker mehr bekommt, dann müssen sie sich schon fragen lassen: Habt ihr genug ausgebildet und habt ihr genügend attraktive Bedingungen geboten, um geeignete Auszubildende zu finden und in der Firma zu halten? Wenn die Bäckerinnung keine Bäcker mehr findet, dann müssen sie sich das gleiche fragen lassen. Wenn jemand um 3 Uhr aufstehen soll, dann will er dafür schon was geboten bekommen beim heutigen Arbeitsmarkt.
Und so ist es eben auch bei den EVU. Wie der Cargonaut schon schreibt, haben viele (aber nicht alle) EVU sich zu sehr darauf verlassen, daß der Nachwuchs weiterhin auf den Bäumen wächst, trotz der im Vergleich zu Staatsbahnzeiten und zum allgemeinen Arbeitsmarkt für qualifizierte Fachkräfte immer schlechteren Konditionen. Gibt es bei den EVU überhaupt genügend Zusammenarbeit ähnlich einer Innung oder eines Arbeitgeberverbandes, um den Nachwuchs wirksam zu fördern?
Und ganz wichtig: Beim SPNV kommen Aspekte dazu, die es bei Elektrikern und Bäckern so nicht gibt. Zum einen funktionieren die Mechanismen des Marktes entgegen aller Verlautbarungen der „Väter der Bahnreform“ nur sehr eingeschränkt und extrem verzögert. Zum anderen tragen laut Regionalisierungsgesetz die Bundesländer und deren Aufgabenträger die
Verantwortung für die Daseinsvorsorge im SPNV, und nicht die beauftragten EVU. Erstere stehen also auch in der Verantwortung, sich anbahnende Mangelzustände
rechtzeitig zu erkennen und verkehrspolitisch wirksam gegenzusteuern.
Wo kommen wir denn sonst hin, wenn da seitens der laut Gesetz Verantwortlichen nur mit den Schultern gezuckt wird? In ein paar Jahren ruft man dann vielleicht bei der Berufs-Feuerwehr an, und dann heißt es dort nur „
Tut uns leid, wir können Ihr brennendes Haus heute wegen Personalmangel nicht löschen. Wir arbeiten aber an Lösungen und rechnen bereits in wenigen Monaten mit Besserung. Wir bitten um Ihr Verständnis.“ Der Vergleich hinkt zwar etwas, aber die Grenzen zwischen wichtiger und weniger wichtiger Daseinsvorsorge sind durchaus fließend.
Gruß
223 061
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 17.07.19 19:38.